Zusammenkunft

Am Küchentisch von Frau Arnold sitzt mir Frau Uhlmann gegenüber. Sie ist gelernte Krankenschwester. 1973 begann sie als Einlegerin und Sanitäterin in der Schirmfabrik und kannte die Bedürfnisse der Frauen.

Unzufrieden mit dem kleinen Sanitätszimmer regte sie bei der Leitung der Schirmfabrik an, dieses zu einer Sanitätsstelle umbauen zu lassen. Ein Wartezimmer, ein Frauenruheraum, ein Schwesternzimmer und ein Arztzimmer wurden eingerichtet. Unterstützung für ihre Forderung erhielt sie von ihrer Dienststelle in Hartmannsdorf, dem Betriebsgesundheitswesen, über das sie angestellt war.

Zweimal in der Woche kommt der Doktor in den Betrieb
Sehr gut betreut werden die Werktätigen im VEB Schirmfabrik. Seit sieben Jahren sorgt sich um ihr Wohl die Betriebsschwester Rosi Uhlmann, die bereits auf eine 20jährige Berufserfahrung zurückblicken kann. Zweimal in der Woche kommt Dr. Rurup zur Sprechstunde. Diese können übrigens auch die Werktätigen weiterer fünf Klein- und Mittelbetriebe besuchen. Besonders freut sich Schwester Rosi, dass fast jeder zweite Betriebsangehörige zur Grippeschutzimpfung war. „Zwar ist diese Impfung kein Garantieschein für Gesundheit, aber so ist man doch gegen die Virusgrippe, die einen sehr schlimmen Verlauf nehmen kann, gewappnet“, meint die engagierte Schwester. „Überhaupt ist Vorbeugen immer besser als heilen. Deshalb ist es sehr schade, dass die Pausengymnastik wieder eingeschlafen ist. Hier muss ich mich dahinter klemmen.“
[Auszug Freie Presse 1980, Unterlagen Munzert
]

Die Frauen waren monotoner und körperlich anstrengender Arbeit am Band, im Lager und an den Maschinen ausgesetzt und belasteteten sich einseitig. Ich konnte das manchmal nicht mit ansehen. Man denkt nicht, dass es ein Mensch war, du hast immer gedacht, es ist eine Maschine, ein Roboter. Da saß jeder Handgriff und das jahrzehntelang, beschreibt sie die Situation an den Arbeitsplätzen. Da kam es dann zu Verlagerungen, Atembeschwerden, mit allem drum und dran. Sie hatte Moorpackungen angeboten, Kurzwelle oder Reizstrom. Die Frauen wurden für die Behandlung eine halbe Stunde freigestellt.

Ich frage Frau Uhlmann nach einem Zeitungsartikel von 1974, wo von einem Masseur die Rede war. Dr. B. verordnete ständig Massagen, erzählt sie. Ich konnte ja nicht alle massieren, obwohl ich gemerkt habe wie verkrampft die Frauen vom langen Sitzen waren. Ich war aber keine ausgebildete Masseurin und konnte abends keine Gabel mehr halten. Es wäre angebracht gewesen, einen Masseur anzustellen.
Die Idee mit der Pausengymnastik kam von den Arbeiterinnen. Wie lange das ging, daran kann sie sich nicht mehr erinnern. Es schlief dann jedenfalls ein, es hat sich niemand weiter darum gekümmert. Sie betont aber auch, dass die Frauen, die in Leistung arbeiteten, dafür eigentlich keine Zeit hatten.