Teile in irgendeiner Schublade

Normalerweise treffen sich alle zwei Wochen am Montag Frau Schindler und Frau Speck mit anderen Frauen zum gemeinsamen Klöppeln im Vereinshaus. Aufgrund der Coronaschutzverordnung ist dies momentan leider nicht möglich, sagt Frau Schindler.

Sie und Frau Speck sind auch diejenigen, die für einen guten Zweck Schirmbeutel nähen. So viele Jahre nach Schließung der Schirmfabrik finden sich immer noch Schirmteile in irgendeiner Schublade und da dachten die Speck, Hanna und ich, es wäre schade, die Reste nicht zu verarbeiten. Wir haben Silke gefragt, ob wir die Beutel in ihrer Bäckerei auslegen können. Die zwei Euro pro Beutel kommen dem Heimatverein zu Gute.
Beim Stichpunkt Klöppeln frage ich nach. Das war eher Zufall. Wir hatten ganz oben beim Durchsehen eine Kollegin aus dem Erzgebirge, die konnte Klöppeln. Und dann hieß es, wir würden auch gern Klöppeln lernen. Anne hieß sie mit Vornamen. Bis zur Wende leitete sie nach der Arbeitszeit im Speisesaal der Schirmfabrik einen Klöppelzirkel.
Frau Schindler begann 1966 zuerst als Fakturistin in der Abteilung Versand in der Schirmfabrik. Ab 1975 leitete sie die Abteilung.
Wir waren im Schnitt 20 Beschäftigte, Männer und Frauen. Wir haben den ganzen Versand, von der Übernahme der Schirme aus der Konfektion, über die Etikettierung, Zusammenstellung der Sendungen für In- und Ausland, Bereitstellung der Kisten und Verpackungen bis zur Verladung auf LKW oder Bahn organisiert, beschreibt Frau Schindler die Arbeitsgänge in ihrer Abteilung.
Als Beispiel: Wir bekamen Aufträge aus der Abteilung Absatz in Siegmar. Auf dem Zettel stand im vierten Quartal, Ende Oktober geht ein Waggon in die ČSFR mit Abnehmer Prag, Brünn und Liberec. In einem Waggon befanden sich ca. 100 Kisten. In einer waren acht Kartons je 25 Schirme gleicher Sorte. Die Kartons waren mit Seidenpapier ausgelegt und wurden außen mit einem Aufkleber mit Artikelnummer und Stückzahl versehen.
Die Kartons für die unterschiedlichen Schirme haben wir selbst gefertigt, erzählt Frau Schindler. Die Zuschnitte kamen aus einer Kartonagenfabrik.
Der erste Arbeitsgang, nachdem die Schirme aus der Produktion kamen, war die Etikettierung. Vier Kolleginnen saßen an den Etikettiermaschinen.

Die Etikettierung erfolgt neutral im Fertigwarenlager. Die Etiketten, welche erst mittels einer Maschine gestempelt werden, kommen anschließend an die Etikettenmaschine „Etimat“ und werden dort an den Träger des Schirmes befestigt. Nur Schirme mit Rundhakengriffen müssen noch nach früherer Methode angehangen werden.
[Lehrunterlagen Munzert]

Wir haben einmal nach Kuba versendet. Das war sehr aufwendig, es mussten besondere Holzkisten sein, die mit Ölpapier ausgeschlagen wurden, erinnert sich Frau Schindler. Die Verzollung in Rostock mit anschließender Verschiffung war kompliziert. Es kam auch nur ein- oder zweimal vor.
Vor allem versendeten wir in die Tschechoslowakei, nach Polen, Ungarn und Rumänien. Aber auch ins Inland. Und da kamen die Kisten als Leergut wieder in die Schirmfabrik zurück. Solange bis sie eben auseinander fielen oder repariert wurden. Auch die leeren Kartons befanden sich in den Kisten und wurden wieder verwendet. Es kam lediglich ein neuer Aufkleber drauf. Es war ja so, in der DDR wurde nichts weggeschmissen.