Buschwindröschchen, Schlüsselblumen und Pferdekümmel

Beatrice Geyer hat für meinen Besuch in Langenwetzendorf einiges vorbereitet. Im Raum verteilt liegen Mappen mit unzähligen Entwürfen, Behälter mit Stoffproben oder Coupons aus ihrer Zeit im Musterbüro der Greika Greiz. Sofort beginnt sie zu erzählen.

In Greiz gab es ja viele Textilbetriebe – Jaquardweberei, Herrenstoffe, Damenstoffe, Kostümstoffe. Ich wollte in das Textilveredelungswerk, wo eben die Stoffe bedruckt wurden. Dort war das Musterbüro, wo man viel zeichnete und ich habe mich gefreut eine Lehrstelle als Musterzeichnerin zu bekommen. Die schulische Ausbildung war in Plauen. Alle Musterzeichner der DDR lernten hier. Die Facharbeiterausbildung war auch Vorraussetzung für ein Studium und das war mein Ziel. In Schneeberg studierte ich in der Fachrichtung Textildruck und wusste, wenn ich fertig bin, komme ich wieder nach Greiz zurück und bekomme eine Stelle im Musterbüro als Entwerferin.

Wir haben alles mit der Hand gemacht. Ich war die Federzeichnerin, also, ich habe mit der Feder gezeichnet. Wir hatten jedes Jahr zwei Kollektionen zu entwerfen, da gehörten die Herrenschirme, Kinderschirme, Stockschirme und Damenschirme dazu. Die Herrenschirme waren ganz dunkel, oder mit kleinem Ornament. Da sehe ich noch die Fischer, Rosel. Sie hat immer ganz fein die kleinen Muster gezeichnet. Ich habe gern Kinderschirme entworfen.

Stoffproben/Entwürfe von Beatrice Geyer

Frau Geyer zeigt mir eine Kiste mit Stoffcoupons und Mappen mit Entwürfen und Reinzeichnungen. Viele Pflanzen und Blumen sind zu sehen. Da ist wieder die Försterstochter, sagt sie. Schon als Kind bin ich gern in den Wald und habe Brombeeren gesammelt. Hier habe ich mal Pferdekümmel gezeichnet, Natur hat mich immer inspiriert und Florales wurde eben auch gebraucht. Angefangen haben wir mit Skizzen. Dann wurde überlegt, welche später als Entwurf umgesetzt werden. Bei einigen saß ich schon mal bis zu drei Wochen dran. Die Entwürfe wurden ja dann noch in den Rapport gezeichnet und mussten haargenau stimmen.

Was Mode war, da hatten wir unsere Anweisungen von oben. Es gab zweimal im Jahr Entwerfertage in Berlin, veranstaltet vom Modeinstitut der DDR. Das war ein Highlight mit Modenschauen und Vorträgen. Wir bekamen Material mit einer Anleitung in welche Richtung die neue Saison geht. Lichtbilder wurden gezeigt, die wir dann mitnehmen durften. Wir hatten aber auch Westzeitschriften, wie die Vogue.

Leute aus der Schirmfabrik waren öfter bei uns im Musterbüro, eine Frau mit längeren Haaren und ein Mann, erinnert sich Frau Geyer. Das waren die Schirmleute und die haben Stoffe besprochen und ausgesucht, die später zum Schirm konfektioniert wurden. Ich war mal in Ungarn und da habe ich meinen Schirm gesehen. Also den Entwurf, den ich gemacht habe.
Einmal war ich auch in Adorf in der Schirmfabrik und da saßen Frauen, die die schmalen Kanten säumten. Die haben ihre Finger auf den Stoff gehalten und dann ging das durch die Nähmaschine weg. Das ist ja der Hammer, habe ich gedacht.

In vier Stunden erhalte ich einen Einblick in ihre Arbeit, obwohl noch einige Mappen ungeöffnet bleiben. Frau Geyer führt mich zum Abschluss durch ihren Garten. Eine kleine Holzbrücke geht über einen angrenzenden Bach auf ein Stück Wiese umsäumt mit Bäumen, Sträuchern, Gehölzen. Jetzt haben wir es nicht geschafft in mein Atelier zu gehen, bedauert sie.