Auf ein Wiedersehen

Kurz vor 14Uhr warten bereits einige Frauen mit aufgespannten Schirmen vor dem Vereinshaus in Adorf. Seit heute morgen regnet es, schrieb ich schon mal in einem Beitrag für die Website am 3.März 2020. Es war das erste Treffen mit Frauen, die in dem Betriebsteil Adorf des VEB Schirmfabrik Karl-Marx-Stadt gearbeitet haben. Damals erzählte ich der Runde, dass ich seit Dezember eine Art Tagebuch mit Aufzeichnungen und Gesprächsnotizen führe und diese in einem Blog mit dem Titel „Adorfer Frauen –Spurensicherung“ veröffentlichen werde. Mittlerweile gibt es dort über sechzig Einträge.
Heute ist es ein Wiedersehen.

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Einwurf 13

Aufgabe des Bandes: Die Aufgabe des Umlauftransportbandes ist es, die Arbeit jeder Kollegin an den Platz zu bringen, um Ausfall- und Wartezeiten zu vermeiden. Dadurch ist eine höhere Arbeitsproduktivität möglich.

Arbeitsweise des Umlaufbandes: Unser Band ist ein Zubringer- bzw. Transportband. Das Band ist mit Behältern ausgestattet, an denen ein Rundstab mit einer Einkerbung und einer Skala angebracht sind. An diesen sind die Steuerkontakte der Wählanlage befestigt. Es kann nach verschiedenen Nummern eingestellt werden. Die einzelnen Arbeitsgänge erhalten dann Arbeit z.B.: 01=Säumen, 02=Bezug nähen usw. An jedem Platz, wo genäht wird, ist die Abwurfvorrichtung so eingestellt, dass alle Kästen auf die 01 eingestellt sind. An dem Arbeitsplatz der Kollegin fallen die Kästen ab. Voraussetzung ist, dass die Arbeit benötigt wird.

Aufgabe der einzelnen Knöpfe:
1.Knopf ist der Abwurfknopf. Wenn dieser nicht besetzt ist, leuchtet die Lampe mit der Nummer auf. Das bedeutet, es wird bald Arbeit benötigt.
2.Knopf ist der Signalknopf, ist dieser nicht besetzt, flackert die Lampe ununterbrochen auf. Es ist keine Arbeit vorhanden, die Arbeit wird dringend benötigt.
3.Knopf ist der rote Knopf und dieser ist anzuwenden bei Gefahr. Jede Kollegin hat einen roten Knopf am Arbeitsplatz und kann das Band ausschalten. Zum Beispiel: ein Kasten ist nicht richtig eingerastet oder die Kästen stehen nicht richtig auf dem Knopf. Kästen nur innerhalb des weißen Feldes einschieben!


Pflege des Bandes: Tägliches Abwischen des Arbeitsplatzes. Am Wochenende gründlich säubern auf und unter dem Band. Lampe abwischen, Bandkästen aufräumen. Das Bandende und –anfang bohnern. Nichts auf das Band stellen!

[Das Transportumlaufband- Auszug aus den Unterlagen der ehemaligen Lehrausbilderin Frau Munzert]

Nachlass

Näherinnen im Betriebsteil Adorf. 28 Arbeitsplätze, in der Mitte das sogenannte Transportumlaufband, welches die Kästen mit den Päckchen zugeschnittener dreieckiger Schirmstoffteile an die Arbeitsplätze der Frauen transportierte. Ich zähle 22 Frauen beim Nähen der Schirmbezüge. Sechs unbesetzte Plätze. Rückseitig Informationen zum Fotograf. Foto Brückner, Karl-Marx-Stadt/Borna.

Aus dem Nachlass einer ehemaligen Arbeiterin des VEB Schirmfabrik Karl-Marx-Stadt.

Den Bach runter

Das war ja auch ein wenig unheimlich. Die Bäume wuchsen aus dem Dach heraus. Meine Schwester wohnt noch oben im Elternhaus in Adorf und ich bin stets hier vorbeigefahren. Und jedes Mal, was wird denn aus der Fabrik noch werden? Erst haben wir auch gesagt, so ein großes Gebäude kann doch gar nicht leer stehen. Alles musste gehen, alles. Bis es eben dann verfiel. Ja.

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Keinen Plan mehr

Auf dem Sozialistischen Wirtschaftsgebiet war die Messe für uns sehr erfolgreich, zumal unsere Staatliche Auflage 1989 voll mit Aufträgen untersetzt werden konnte, wenn man die vorbereiteten Verträge mit einbezieht. Es zeichnete sich weiter ab, dass der Bedarf der sozialistischen Länder in Schirmen und an Schirmgestellen nicht voll befriedigt werden kann. Das betrifft besonders die Länder ČSSR, Polen und Ungarn, was darauf schließen lässt, dass auch 1990 keine Absatzprobleme eintreten werden. 1

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Kollektiv: Eine unter Gleichen

Also, es war im Prinzip durch die Leistung der einzelnen Kollegen so errechnet, das wir 8500 Schirme am Tag machen konnten. Setzte natürlich voraus, dass jeder Maximalleistung brachte und das alles Material vorhanden war, was wir gebraucht haben. Damit war die Stückzahl möglich. Es gab aber auch Probleme, wie in jedem anderen Betrieb auch.

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Wohin die Reise geht

Inge Wunderlich, Die Iranerin M.M., 1960/70
Mischtechnik auf Hartfaser

Die Iranerin M.M. ist Titel eines Gemäldes von Inge Wunderlich und derzeit Teil der Ausstellung Bilderkosmos Leipzig 1905-2022 im Museum der Bildenden Künste. Auf diesem ist eine Frau, vermutlich die Treppen des Leipziger Hauptbahnhofes Richtung Ausgang hinabsteigend, zu sehen. In ihrer Handtasche steckt eine Zeitschrift mit den Lettern NBI1 und ein Regenschirm. Beim Regenschirm bleibe ich hängen.

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